Wolfgang Fortner

*  12. Oktober 1907

†  5. September 1987

von Benedikt Vennefrohne

Essay

Fortner zählt zur Generation der um 1900 geborenen Komponisten, deren beginnende Karriere durch die Zäsur der Jahre 1933–45 entscheidend beeinflusst wurde. Zu Beginn der 30er-Jahre galt er als einer der hoffnungsvollsten deutschen Nachwuchskomponisten, der sich vor allem auf kirchenmusikalischem Gebiet hervorgetan hatte. Nach dem 2. Weltkrieg wandte er sich in seinem alle musikalischen Gattungen umfassenden Werk bald neueren kompositorischen Strömungen zu – zwölftönigen, seriellen sowie aleatorischen Techniken, aber auch elektronischen Mitteln, die er mit jüngeren Komponistengenerationen kennen und einzusetzen lernte. Er verschmolz diese Einflüsse jedoch stets mit seinem auf Tradition und polyphonem Denken basierenden Personalstil.

Von Fortners Jugendwerken haben sich nur wenige Lieder sowie eine frühe Sonate für Violine und Klavier (1928) erhalten. Seine ersten veröffentlichten Werke sind Spiegelbild der klassizistisch objektivierten Formensprache und des sachlich ausgerichteten Klangsinns der ausgehenden 20er-Jahre. Geprägt durch seine geistige Herkunft und durch die langjährige Lehrtätigkeit am Kirchenmusikalischen Institut in Heidelberg, orientierte er sich noch in seiner Deutschen Liedmesse (1934) am protestantischen Choral: An die Stelle der Ordinariumsteile der lateinischen Messe treten, wie Martin Luther es für die „Deutsche Messe“ (1526) vorgesehen hatte, Kirchenlieder wie Wir glauben all an einen Gott oder Christe, du Lamm ...